Rezension: Helene Tursten – Jagdrevier (Embla Nyström #1)

Jagdrevier
Helene Tursten – Jagdrevier
Urlaub und ein spannendes Buch sind eine gelungene Kombination, und daher habe ich das Buch Jadgrevier von Helene Tursten auch in 2 Tagen verschlungen. Dieses Buch ist der Auftakt einer neuen Krimi- Reihne um die Hauptperson Embla Nytröm und ist beim btb Verlag am 11.01.2016 erschienen.

Der Inhalt:
In Göteborg treffen sich wie jedes Jahr mehrere Freunde zur Elchjagd. Darunter auch Embla Nyström, Polizistin bei einer Spezialeinheit und frischgebackene nordische Meisterin im Halbweltergewicht. Sie geht mit ihrem Onkel schon seit ihrer Kindheit zur Jagd und hat extra Urlaub genommen, um die gut organisierte Jagd nicht zu verpassen. Dieses Jahr läuft jedoch einiges anders als in den Vorjahren. Beispielsweise ist der charismatische, gutaussehende Peter mit von der Partie. Er ist in der Gegend aufgewachsenen und nun wieder hergezogen. Jeder fragt sich, warum er wieder da ist. Und auch sonst ranken sich Geheimnisse um den Mann, in den Embla sich bald verliebt. Als dann jedoch einer der Teilnehmer tot entdeckt wird und ein weiterer verschwindet, ist es mit dem Urlaub von Embla und dem Spaß an der Elchjagd vorbei. Denn nun sind die Jäger wohl die gejagten..

Stil, Machart, Meinung
Die ersten Seiten haben knapp ein Detail verraten, wodurch beim Lesersofort Spannung aufgebaut wurde. Die Ermittler erfahren davon erst wesentlich später im Buch, und das finde ich schon einmal sehr geschickt. Das müsst ihr mir jetzt so glauben, denn ich möchte ja nicht spoilern..
Nach den unheilvollen Szenen am Anfang folgt zunächst eine größere Vorstellungsrunde. Wir lernen aus der Perspektive von Protagonistin Embla die anderen Jagdteilnehmer, die Umgebung und die Details der geplanten Jagd kennen. Dieser Abschnitt fällt auf Grund der vielen Teilnehmer und den verschiedenen Etappen der Jagd recht umfangreich aus, ist aber trotz der vielen Informationen und Namen gut gelungen. Mir wurde dabei nicht wirklich langweilig, obwohl ja nicht viel passierte. Die Vorstellung fand immer in einem lebendigen Rahmen wie ein Abendessen oder einer Jagdbesprechung statt. Ich war nicht gelangweilt, hatte allerdings ein paar Probleme mit den vielen Personen und Namen. Eine Zeit lang beispielsweise hatte ich mental wohl irgendwie einen der Jadghunde mit einem der Teilnehmer verwechselt.. Das dürfte einerseits an den schwedischen Namen liegen, andererseits an der Anzahl der Teilnehmer und am Rande Beteiligten. Ich hätte mir eventuell eine etwas längere Beschreibung der einzelnen Teilnehmer bzw. eine einfachere Umgebung gewünscht. Man hat recht viele Schauplätze, beispielsweise geht es von dem Haus von Emblas Onkel zu einem anderen Haus, von wo die Jagd startet. Von dort geht es in das Jagdlager, dann gibt es irgendwo anders noch ein Jagdschloss… mir sind die Entfernungen irgendwie nicht so ganz klar geworden. Es hat aber auch nicht wirklich gestört, ich habe dadurch nichts wesentliches verpasst.
Die Schreibweise der Autorin finde ich sehr flüssig, sie schweift nicht zu sehr aus und beschreibt dennoch gern die Natur und die Umgebung. Die Perspektive ist gut gewählt, durch die Augen von Embla sieht man die Geschehnisse einerseits als Polizistin und andererseits als Frau im Urlaub, die sich in einen der Teilnehmer verliebt. Wie diese beiden Perspektiven sich ergänzen, abwechseln und manchmal auch im Weg stehen, finde ich sehr interessant.
Den Plot hatte ich mir ja eigentlich etwas anders vorgestellt, ich denke das ist meiner Liebe zu Agatha Christie geschuldet. Wenn ich auf der Rückseite lese „Eine Elchjagd in den schwedischen Wäldern. Ein Toter. Fünf Verdächtige“ , dann geht bei mir automatisch die Erwartung „Einer nach dem anderen stirbt, wer war es?“ an. Grundsätzlich ist diese Erwartung auch irgendwie erfüllt worden, nur anders als gedacht. Zwar geht es nach der Einführung zu den Jagdteilnehmern, den Jagdabläufen dann mit Mord weiter, aber die Gefahr für die Überlebenden ist danach direkt gebannt –nicht wie in meiner Erwartung von der Außenwelt abgeschnitten. Aber meine Erwartungen muss ja die Autorin nicht ahnen und erfüllen, und auch so war die Geschichte gut konstruiert, ließ keine Fragen offen und blieb bis zum Schluss spannend. Ein weiterer Pluspunkt ist für mich, dass die Autorin die Welt nicht strikt nach Schwarz und Weiß trennt. Es gibt definitiv eine Menge Graustufen und sie kann sich gut in die von ihr geschaffenen Charaktere herein denken.
Eine weitere Besonderheit, die mir als Feinschmecker gefallen hat: bei jeder Zusammenkunft von Menschen beim Essen wurde auch das Essen beschrieben. Man bekommt nicht nur einen interessanten Einblick in die schwedische Küche (bei Jägern) sondern auch Appetit..
Embla Nyström
Wie eingangs erwähnt, ist dieser Krimi der Auftakt einer Reihe um die Ermittlerin Embla. Bei Band 1 legt man, wie ich finde, immer den Grundstein für eine erfolgreiche Reihe und zeigt den Lesern auch gleich das Potential um die Ermittler auf. Embla selbst ist schon eine gute Hauptfigur, sie hat eine weibliche Seite, die sich hier in ihrem Interesse an Peter sehr gut zeigt. Grundsätzlich ist sie aber eher eine ganz harte Ermittlerin. Nach der Hälfte des Buches, eventuell auch erst im letzten Drittel, werden ihre zwei männlichen Kollegen in die Ermittlung einbezogen. In dem Trio ist Nebla die einzige Frau – und „die Bulldogge“ des Teams. Der Chef der Spezialeinheit, die in einem bestimmten Gebiet bei schwierigen Fällen zur Unterstützung bei den Ermittlungen herangezogen wird, ist ein netter Kerl und Computerspezialist, der mit dem richtigen Input von süßen Sachen so ziemlich alles herausfinden kann. Der andere Kollege sieht wohl sehr unscheinbar aus, hat es aber auch drauf. Dieses Trio, von dem wir zusammen in diesem Band noch nicht so viel mitbekommen wie von Embla als Einzelgängerin, hat definitiv Potential. Sie haben ihre Stärken und Schwächen, scheinen sich gut zu ergänzen und auch ganz lustig zu sein. Bei Embla selbst ist sehr viel Potential, einerseits privat und andererseits als Ermittlerin.
In der Danksagung der Autorin am Ende des Buches fand ich die Information, dass Embla bereits in einem der Irene Huss- Bücher (Brandhaus) an einer Ermittlung beteiligt war.

Was lernen wir daraus?
-Ich habe gelernt, dass ich mit meinem Problem nicht alleine bin. Denn in meinem Krimi gibt es auch eine große Anzahl an Jagdteilnehmern, allerdings als eine komplette Basketballmannschaft. Ich habe lange an der möglichst kurzen aber doch prägnanten Vorstellung gearbeitet und hoffe, dass der Leser da wirklich gut folgen kann. Wenn man so einen Whodunnit-Krimi schreiben möchte, ist weniger oft einfacher. Ich habe mal einen Krimi gelesen, da gab es eigentlich nur zwei Verdächtige: Mutter und Vater des verschwundenen Kindes. So konnte man sehr detailliert die Charaktere der beiden kennenlernen, das war nicht schlecht. Allerdings ist in meinem Krimi eher das logische Streichen der vielen Verdächtigen der Weg zum Ziel, da wäre man bei 2 Verdächtigen ja schnell fertig..
-Ein abgeschlossenes Gebiet und mehrere Verdächtige, die einem als Person bekannt sind, finde ich immer noch viel besser als der große Unbekannte, der dann ganz am Ende eines Krimis oder Thrillers zufällig mit seinem Motiv aus dem Hut gezaubert wird. Helene Tursten lässt sich bewusst Zeit, alle Jagdteilnehmer vorzustellen und lässt den Leser durch den einen oder anderen Wissensvorsprung und einer geschickt aufgebauten Atmosphäre selbst raten und erkennen, wer denn da nun gut und böse ist.
-Graustufen! Wenn die Guten gegen die Bösen kämpfen, dann ist das ja auch nicht schlecht und kann eine wirklich gute Story geben. Aber wenn ein Autor geschickt Graustufen einbinden kann, ohne eine gewisse Abgrenzung aus dem Auge zu verlieren, dann ist das wie die Prise Salz in der Suppe..
Fazit
Ich gebe dem Kriminalroman Jagdrevier 4 von 5 Sternen. Ein guter Plot, das interessante und mir weitestgehend unbekannte Setting (die Jagd) und die Hauptperson finde ich gelungen. Das ich mir als Leser meine eigenen Gedanken zum Mörder und den Zusammenhängen machen durfte und auch die Graustufen bei den Charakteren sind vorbildlich. Einzig die vielen Teilnehmer-Namen, die mir nicht komplett klaren Ortsverhältnisse- und dass es mich nicht vor Schreck und Überraschung von der Couch gerissen hat, verhindern die 5-Sterne-Bewertung. Für alle Krimiliebhaber ist dieses Buch genau richtig.
Die Details zum Buch gibt’s HIER , schaut doch mal rein !

3 Antworten auf „Rezension: Helene Tursten – Jagdrevier (Embla Nyström #1)

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  1. Die Handlung in dem Buch scheint echt interessant und spannend zu sein, obwohl ich nur einen kleinen Teil lesen konnte. Vielleicht nehme ich mir später mal das ganze Buch zur Brust.
    Ist der Name der Stadt „Gäteborg“ so gewollt oder handelt es sich um einen Tippfehler? GÖteborg heißt die schwedische Stadt mit richtigem Namen.

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  2. Viel Personal schreckt mich ab. Ich nenne solche Bücher Wimmelbücher, weil ich beim Lesen im Gewimmel suchen, erkennen und dann auch noch mich daran erinnern muss, wer was getan hat, wer mit oder gegen wen.

    Gefällt 1 Person

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