Rezension: Der Massai, der in Schweden noch eine Rechnung offen hatte von Jonas Jonasson

Ein geldgieriger, gefühlloser und rassistischer Kunsthändler hat plötzlich und unerwartet einen Sohn. Dieser steht den drei Attributen die ich ihm im ersten Satz zusprach, entgegen. Er muss Geld bezahlen um ihn unterzubringen, möchte keinerlei Bindung und er ist schwarz. Als er Sohn Kevin in Afrika aussetzt, wird dieser von einem Massai gerettet und wächst als Massaikrieger auf. Weil er die bevorstehende Beschneidungszeremonie fürchtet, flieht er jedoch und kommt zurück nach Schweden. Dort trifft er auf die Exfrau des Kunsthändlers und die beiden schwören nicht nur sich die ewige Liebe, sondern vor allem auch Rache. Da kommt ihnen die „Rache ist süß GmbH“ gerade recht. Nur leider können sie nichts bezahlen und stellen so ihre Arbeitskraft zur Verfügung. Und als dann der Racheplan startet, der Massaikrieger seinen Sohn in Schweden sucht und dort auf sehr fremdes Terrain trifft, wertvolle Kunstwerke von Irma Stern auftauchen und die Rache ist süß GmbH einiges zu tun hat, möchte der faule Inspektor doch eigentlich nur endlich in den Ruhestand.

Stil, Machart, Meinung

So viel wie in meiner Inhaltsgabe los ist, ist auch in diesem Roman los. Es treffen so viele Welten aufeinander, von denen jede Welt ein eigenes Buch ergeben könnte. Und diese Mischung, so typisch für Jonas Jonasson, macht das Buch aus. Der Autor hat wie immer ganz irre Ideen, einen Sinn für Situationskomik und vermittelt doch wertvolle Aussagen.

Die skurrile Handlung und der leichte –jedoch intelligente – Erzählstil entführen den Leser augenzwinkernd in ein furioses Abenteuer, welches man so schnell nicht vergisst. Die Personen sind herrlich beschrieben, besonders der Inspektor vor dem Ruhestand(den er wohl schon länger übt..) und der Massaikrieger mit Wurfkeule in Schweden sind etwas besonderes.

Natürlich ist nicht alles lustig, was man hier liest. Es gibt auch ernste Untertöne, allen voran geht es um das „Andersartige“ und wie man damit umgeht. Das Buch ist auf jeden Fall ein herrliches Statement gegen Rassismus. Es beginnt schon im Prolog mit dem „Künstler“ Adolf Hitler.  Der Kunsthändler ist ein Rassist und wird dann ausgerechnet mit einem schwarzen Sohn beschenkt und muss mit einem Massaikrieger Geschäfte machen. Der Massaikrieger selbst wundert sich auf der ersten großen Reise seines Lebens hingegen unentwegt, was in der ihm komplett fremden Welt los ist. Zunächst mal ist er für eine Reise nach Schweden zu leicht bekleidet, dann kommt seine Keule oftmals nicht gut an und auch die Sache mit dem Geld hat er noch nicht so ganz drauf (man kann ja zum Glück alles in Kühe und Ziegen umrechnen!). Kalles Kaviar hingegen begeistert ihn sehr, und auch mit einem Glas Preiselbeeren kann er einiges anstellen. Während diese überzeichneten Situationen die Sache mit Humor nehmen, sprechen auch die Dinge, die nicht erwähnt werden, eine deutliche Sprache. Denn den meisten Figuren in diesem Buch ist die Hautfarbe völlig egal und das Interesse an „dem Anderen“ ist hoch.

Noch zu erwähnen bleibt, dass dieses Buch Kunstinteressierte ganz besonders ansprechen dürfte. Die Handlung hat viel mit Irma Stern und ihren Werken zu tun, der Kunsthändler und seine Kunstexpertin – Exfrau bringen allgemein an mehreren Stellen Bezug zu Kunst in die Sache. Als Geschenk würde man bei Kunstliebhabern sicher genau ins Schwarze treffen..

Was lernen wir daraus?

Ich finde es bei jedem Buch des Autors bemerkenswert, wie sein Humor funktioniert. Bei meinem eigenen Krimi hatte ich auch so eine Idee mit einer lustigen Figur, die immer eher dumme Fragen stellt. Tja, und so einfach wie ich es mir vorgestellt hatte, war es zu keiner Zeit! Es ist gar nicht so einfach, komische Situationen zu beschreiben, sodass sie auch wirklich komisch sind. Zumindest ging es mir so. Bei Jonas Jonasson folgt eine lustige Situation auf die nächste, ohne dabei in Richtung Klamauk abzudriften. Er hat einfach ein einmaliges Gespür für Komik und trifft immer genau meinen Humor. Mich würde mal interessieren ob es ihm leicht fällt, das alles rauszuhauen – oder ob er sich da so ganz ernst abrackert, um es leicht aussehen zu lassen. Vielleicht trinkt er aber auch genau die richtige Menge Alkohol oder so..

Fazit

Man merkt es schon, ich habe dieses Buch sehr genossen. 5 Sterne gebe ich sehr gern, bin dabei jedoch sicher, dass nicht jeder mit diesem Schreibstil, dieser Komik und dem Gesamtkunstwerk warm werden wird. Für mich gibt es so viele Sätze, die schon Kunst sind. Und das alles ist sehr unterhaltsam und spannend, ein großer Kulturclash, ein witziges Abenteuer mit guten Aussagen.

Wer noch nichts von Jonas Jonasson gelesen hat, möge bitte unbedingt mal ein Buch wagen! Wer bereits ein Buch gelesen hat und es nicht gut fand, wird dieses hier wahrscheinlich auch nicht mögen. Ich persönlich empfehle es jedem mit Sinn für Humor und jedem, der mit dem Andersartigen nicht so zurechtkommt( der wird es wahrscheinlich nur nicht mögen..). Und Kunstliebhabern auch.

Hier geht’s zu meiner Rezension von „Die Analphabetin, die rechnen konnte“

Hier geht´s zu meiner Rezension von „Mörder Anders und seine Freunde nebst dem einen oder anderen Feind“

Hier gibt´s die Details zum Buch auf der Verlagsseite

2 Antworten auf „Rezension: Der Massai, der in Schweden noch eine Rechnung offen hatte von Jonas Jonasson

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